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Was ist TZI?

„Themenzentrierte Interaktion“ (TZI)

nennt sich eine Richtung der Humanistischen Psychologie, die auf Ruth Cohn (1912–2010) zurückgeht  und, nach den Erfahrungen von Nationalsozialismus und Weltkrieg, sich die Förderung der selbst-bewussten und autonomen Persönlichkeit zum Ziel gesetzt hat. Dieses Ziel und alles Handeln sind eingebettet in den ethisch-weltanschaulichen Rahmen der Ehrfurcht vor allem Leben.

Grundlegend ist der paradoxe Gedanke, dass sich echte Autonomie der Person nur unter Anerkennung der realen Bedingungen gegenseitiger Abhängigkeit (Interdependenz) entwickeln kann. Autonomie setzt Selbstbewusstheit voraus. „Selbst-bewusst“ kommunizieren wir, wenn wir gelernt haben, unsere eigenen Bedürfnisse und Gefühle wahr- und ernst zu nehmen und sie in unserem Umgang mit anderen und deren Interessen und Bedürfnissen zu äußern (Authentizität). Die persönlichen Bedürfnisse und Gefühle der Kommunikationspartner und damit auch ihre Wahrnehmung des aktuellen Beziehungsgeschehens treten gleichwertig zu den Sachinhalten, die zu der jeweiligen Interaktion geführt haben.

Grundkonzept: ICH – WIR – ES – GLOBE

Die TZI entwickelte eine Reihe von Konzepten, um Gruppenprozesse zu verstehen und in der Leitung so zu steuern, dass Menschen sich darin entfalten und „wachsen“ können. Ich stelle im Folgenden nur eines dieser Konzepte dar, jenes Grundkonzept von „Ich–Wir–Es–Globe“, das auch zum „Logo“ der TZI geworden ist: das gleichseitige Dreieck im Kreis.

Dieses TZI-Grundkonzept lebendigen Lernens und Arbeitens in Gruppen basiert auf der Annahme, dass Gruppenprozesse sich aus dem Zusammenwirken von vier konstitutiven Grundelementen formieren:

   •  dem ICH der Einzelperson
   •  dem WIR der Gruppe
   •  dem ES, Thema, Aufgabe oder Ziel der Gruppe und
   •  den Umfeldfaktoren (GLOBE).

Die Beziehungslinie ICH—ES (Thema) bringt den persönlichen Bezug des Einzelnen zum Thema, zur programmatischen Zielsetzung der Veranstaltung und seine diesbezüglichen Erwartungen zum Ausdruck.

Die Beziehungslinie WIR—ES (Thema) betont die Bedeutung des Themas der Veranstaltung für die Beziehung der ICHs untereinander (Gruppenprozess) und das Entstehen einer Gruppenidentität. Das Thema setzt für die Teilnahme bestimmte Auswahlkriterien (Funktion, Kompetenz, Zugangsberechtigung), die eine gewisse Homogenität in der Interessenlage und Motivation der Gruppe fördern. Dies wiederum ist eine gute Voraussetzung für das gemeinsame, zielorientierte Lernen und für die rasche Herausbildung eines „Wir-Gefühls“.

Schließlich die Beziehungslinie ICH—WIR. Sie bringt die Bedürfnisse des individuellen ICH nach Integration in der Gruppe ins Spiel: Wertschätzung, Anerkennung, Geborgenheit, angemessene und befriedigende Platzierung im sozialen Gefüge der Gruppe, die Chance, ein persönliches Profil in der Gruppe zu entwickeln und seine Fähigkeiten einzubringen. Und in umgekehrter Richtung die Erwartung der Gruppe, dass der Einzelne sich im Sinne des Gruppenziels engagiert und darüber hinaus in die sozialen Beziehungen in der Gruppe investiert.

Die Rolle des GLOBE

Das Modell suggeriert bewusst, dass alle vier Elemente systemisch miteinander verbunden sind, d. h. dass die Befindlichkeit eines jeden einzelnen Elements im Dreieck sich auf die Befindlichkeit bzw. auf die Wahrnehmung der anderen auswirkt. Die Einflussgröße "GLOBE", die verschiedenen Umwelten, sowohl das konkrete Umfeld der Gruppe (WIR) als auch die Einflüsse aus dem persönlichen Umfeld der einzelnen Mitglieder (ICHs), wirkt sich auf offen wahrnehmbare wie auch auf verborgene und hintergründige Weise auf die Interaktionen in der Gruppe aus und folglich auch auf das ES (Thema). Das gilt selbstverständlich für Positives ebenso wie für Belastendes.

Die TZI postuliert, dass lebendiges Lernen am besten zu erreichen ist, wenn keines der vier Elemente des Dreiecks vernachlässigt wird, wenn sich also die Elemente des Dreiecks im Verlauf der Veranstaltung in einer dynamischen Balance befinden und die GLOBEs bewusst von der Gruppe wahrgenommen werden. Graphisch ist dies in dem gleichseitigen Dreieck im Kreis symbolisiert.

Dynamische Balance

Was heißt dynamische Balance? Balance meint, dass im Lern- und Arbeitsprozess Bedürfnisse der Einzelpersonen (ICH), die Entwicklung von befriedigenden und produktiven Beziehungen (WIR) und die thematische Arbeit (ES/Thema) in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden; dynamisch deshalb, weil die Ausgewogenheit über einen Wechsel von ES-betonten, ICH- und WIR-betonten Phasen oder Arbeitsschritten zu erzielen ist.

Postulate und Regeln

Dieses Basiskonzept einer wachstums- und integrationsfördernden Leitung von Lern- und Arbeitsgruppen ist flankiert von einer Reihe von Postulaten und Regeln, darunter die Regeln:

   •  echt (authentisch) und bewusst auswählend (selektiv) zu kommunizieren,
   •  per „Ich“ und nicht per „Wir“ oder „Man“ zu sprechen,
   •  Fragen zu begründen (Transparenz),
   •  andere nicht zu interpretieren, und
   •  die weit über die TZI hinaus bekannt gewordene Regel „Störungen haben Vorrang“.

Wir sind bemüht, unsere Bildungsveranstaltungen im Geiste der TZI zu gestalten. Sie gibt uns das ethische und methodische Rüstzeug für das, was wir unter teilnehmerorientiertem Arbeiten mit Erwachsenen verstehen.

Eva Maria Waltner   Peter Waltner